Mein MBA im Zeitalter der Ambition
27. September 2019. Shanghai - Ein Spaziergang durch die von Bäumen gesäumten Straßen in Shanghais ehemaliger französischer Konzession, Chinas Liebesbeziehung zum Smartphone und der Wunsch, die europäische und chinesische Geschäftswelt zu erobern - dies waren nur einige der vielen interessanten Themen, welche im Gespräch zwischen Jan-Peter Boeckstiegel und dem MBA Admissions-Team aufkamen, als sie sich zusammensetzten, um seine bisherigen CEIBS-Erfahrungen zu besprechen.
China in Harvard entdeckt
Jan-Peters Interesse an China begann während seines Studiums der Sozialwissenschaften an der Universität Harvard. Seine frühesten Eindrücke von China und chinesischen Unternehmen wurden durch ein Seminar zur chinesischen Unternehmensgeschichte geprägt, welches sich mit Fallstudien aus dem 19. und 20. Jahrhundert befasste. „Seitdem habe ich viel über China und die Transformation chinesischer Geschäftsmodelle im Vergleich zu denen, die in historischen Fallstudien in Harvard vorgestellt wurden, gelesen. Wie viele Beobachter Chinas hatte ich das wachsende Gefühl, dass hier so viel passiert, was die Zukunft beeinflussen wird - ich musste einfach vor Ort sein und die Entwicklung mit eigenen Augen sehen“, sagt Jan-Peter. "Da die europäische Kultur und Wirtschaft traditionell auf die USA ausgerichtet sind, war ich mir trotz meiner Lektüre nicht sicher, was mich erwarten würde, als ich letztes Jahr am Flughafen Pudong, Shanghai, aus dem Flugzeug stieg."
Während eines Besuchs bei Freunden in Shanghai wanderte Jan-Peter durch die Straßen der ehemaligen französischen Konzession, bevor er sich auf den Weg machte, die kulturellen Höhepunkte von Nanjing, Peking und Hongkong zu erkunden. Was Jan-Peter im Vergleich zu anderen Metropolen in den USA und in Europa am meisten beeindruckte, war sowohl das das Bewusstsein von Masse und Größe in China, als auch ein komplett unterschiedliches Kundenerlebnis. „Wenn Sie in Europa mit dem Zug fahren, sind Sie ziemlich schnell außerhalb der Stadt und auf dem Land. Als ich jedoch mit dem Zug nach Suzhou fuhr, fühlte es sich an, als würde sich Shanghai ewig weit fortziehen“, sagt er. „Außerdem ist auffällig, dass das Smartphone für Verbraucher in China unabdingbar ist. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch kein chinesisches Bankkonto und konnte mich also nicht am mobilen Bezahlen beteiligen; allerdings habe ich keine einzige Person gesehen, die während meiner Reise mit Kreditkarten oder Bargeld bezahlte. Als jemand, der mit Banken in Europa an digitalen Transformationsprojekten gearbeitet hat, weiß ich, wie viel Arbeit hinter den Kulissen sowohl intern etablierten Spielern als auch im Ökosystem insgesamt anfällt, um digitales Bezahlen auf den Weg zu bringen. Im Vergleich zu Europa hat China die Bankkartenphase komplett übersprungen und ist führend im mobilen Bezahlen. “
Das Buch, das Jan-Peter empfohlen wurde und während seiner Reisen in China sein ständiger Begleiter war, ist Evan Osnos’ ‘The Age of Ambition’. „Ich mag Geschichten über soziale Mobilität und Aufstieg, Männer und Frauen, die etwas Neues aufbauen und guten Geschäftssinn haben. Im modernen China sind diese Persönlichkeiten sehr verbreitet“, sagt er. „Die Geschichte, die mir am besten gefallen hat, handelt von einem Mädchen, das als Tochter von Bauern in der Provinz Hunan geboren wurde. Sie arbeitete hart und erzielte hohe Noten, um eine gute Schule zu besuchen, wurde aber durch einen schweren Unfall zurückgeworfen. Doch mit ihrer Entschlossenheit kämpfte sie sich durch die Schule, arbeitete in einer Fernseherfabrik und besuchte schließlich die Universität in Shanghai. Als sie entdeckte, wie schwierig es damals für Frauen mit Hochschulabschluss war, einen Ehemann zu finden (und umgekehrt), startete sie eine simple Dating-Website mit dem Namen Love21.cn. Das war im Jahr 2003. Bis 2010 hatte ihre Website 65 Millionen registrierte Benutzer zu verzeichnen. Dann wurde der Name der Seite in «Jiayuan» geändert und die Gründerin Gong Haiyan - oder Rose Gong - wurde sehr erfolgreich. Es ist dieser Tatendrang, dieses Bestehen gegen alle Widrigkeiten und der Unternehmergeist, die mich an China wirklich beeindruckt haben. “
Warum CEIBS für den MBA?
Boeckstiegel ist nun an der CEIBS bereits mehr als einen Monat dabei, seinem bereits beeindruckenden Lebenslauf in Form eines MBA-Studiums in China weitere akademische und kulturelle Dimensionen hinzuzufügen.
Nach seiner China-Reise 2018 kehrte er zu seiner Arbeit zurück, um die Unterstützung von McKinsey & Co. für seinen MBA zu erhalten. Zu jener Zeit war sein Fokus bei der globalen Beratung zweigeteilt. Zunächst arbeitete er mit etablierten Unternehmen daran, ihre nicht-digitalen Produkte in digitale umzuwandeln - beispielsweise wie das Filialbankerlebnis in eine einfach zu navigierende App oder Website umgewandelt werden kann. Andererseits half er Unternehmen, die nicht nur ihr Kerngeschäft digitalisieren wollten, neue, rein digitale Tochterunternehmen («Ventures») aufzubauen. Jan-Peter beschäftigte sich nicht nur mit Codingzyklen, Produktentwicklung und -optimierung, sondern überlegte genau, wie ein MBA-Erlebnis seine Arbeit und Erfahrung bereichern könnte. „Mit Bezug auf Fähigkeiten, die ich nun zu Beginn des MBA lernen möchte, habe ich mich entschlossen, meine praktischen Fähigkeiten sowohl im Finanzwesen als auch in der chinesischen Sprache zu vertiefen, aber auch ein Verständnis für die Infrastruktur, auf der digitale Innovationen in China über die Apps hinaus fußen, zu entwickeln. Ich habe mich auch intensiv mit dem Integrated China Strategy Project (ICSP) befasst, welches CEIBS als großartige Gelegenheit anbietet, im Lehrsaal entwickelte Fähigkeiten auf eine echte Geschäftsherausforderung in einem chinesischen Kontext anzuwenden“, sagt Jan-Peter. „Gleichzeitig wollte ich ein Netzwerk in China aufbauen, sowohl im Hinblick auf meine Kollegen/innen im MBA-Programm, als auch jenseits der Tore des Campus, sodass ich selbst dann, wenn ich nach dem Studium nach Deutschland zurückkehre, trotz der Entfernung ein starkes Gespür für Entwicklungen in China beibehalten kann.“
Gegen Ende des ersten Semesters arbeiten Jan-Peter und seine Studienkollegen/innen noch an der richtigen Balance zwischen Unterrichtsvorbereitung, Networking und dem Kennenlernen der CEIBS-Ressourcen. „Einer der Hauptgründe für mich, an der CEIBS zu studieren, war die Stärke der Kohorte und die Tatsache, dass ich chinesische Klassenkameraden haben würde. Es ist interessant, Antworten der anderen Studenten zu hören, wenn wir in Fallstudien über einige der chinesischen Technologiegiganten wie JD.com oder Newcomer wie Xiaohongshu diskutieren. Bisher habe ich Banker und Makler, Werbetreibende und Ingenieure, Tech-Redakteure, Vertriebsprofis und promovierte Neurowissenschaftler getroffen, Menschen, die Unternehmen gegründet haben, und Menschen, die noch nicht das richtige Unternehmen für sich gefunden haben“, sagt Jan-Peter. "Im nächsten Semester werde ich mich verstärkt darum bemühen, mein Netzwerk außerhalb der Uni aufzubauen und einige der einflussreichen chinesischen Unternehmen kennenzulernen, über die meine Batch-Kollegen während des Unterrichts ins Schwärmen geraten."
Aufgrund seines eigenen erfolgreichen Karrierewechsels in die Unternehmensberatung wurde Jan-Peter bereits gebeten, seine Erfahrungen in einer Info-Sitzung, organisiert vom MBA Consulting Club, zu teilen. Er ermutigte seine Studienkollegen/innen nachdrücklich, sich auf ihre gedankliche Flexibilität und die Kraft ihrer persönlichen Geschichte zu fokussieren, um während des Interviewprozesses herauszustechen. „Es gibt viele Bücher darüber, wie man sich auf ein Beratungsinterview vorbereitet, aber ich muss sagen, dass dies ein zweischneidiges Schwert ist. Man sollte sie auf jeden Fall in der Vorbereitung benutzen, aber wenn man alles, was man da liest, nur auswendig lernt, wird man in seiner Denkweise als sehr starr empfunden. Die echte Beratungswelt ist anders und man muss ein gewisses Maß an Flexibilität nachweisen “, erklärt er. „Der zweite Punkt ist, dass analytische Fähigkeiten allein nicht ausreichen, um aufzufallen. Bei der Beratung geht es auch um Menschen. Daher muss man eine überzeugende Geschichte über sich selbst präsentieren. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber ich glaube, dass einige der Beispiele, die ich in meinem Interview aus der eigenen Erfahrung genannt habe, meinen Ansatz demonstrieren konnten, herausfordernde Situationen mit Menschen anstatt nur mit Finanzmodellen zu lösen. “
Während Jan-Peter zu seinem Nachmittagsunterricht aufbricht, erinnert sich das MBA Admissions-Team an Jan-Peters Schlussworte aus seiner Eröffnungsrede, die kurz seine Strategie zum Absolvieren eines MBAs im «Zeitalter der Ambition» zum Ausdruck brachten:
"Wir alle sollten uns gegenseitig mit unterschiedlichen Perspektiven herausfordern. Jeder von uns sollte die Art und Weise, wie wir die Dinge bisher erledigt haben, hinterfragen. Wir sollten offen sein, um zu lernen, und zusammenarbeiten, um in Richtung unserer Karriereziele Fortschritt zu erzielen. Und lasst uns nicht vergessen: An der Business School geht es nicht nur ums Geschäft, sondern auch darum, japanisches Sushi, indisches Othappm, deutsches Bier und chinesische Mooncakes zu teilen (nur um einige Delikatessen zu nennen), ein Netzwerk aufzubauen und Freunde fürs Leben zu finden."